VwGH zur Sozialversicherungspflicht überlassener Geschäftsführer in mehreren Gesellschaften

Der VwGH hat entschieden, dass im Zuge der Überlassung eines Geschäftsführungsorgans an ein weiteres Unternehmen – bei paralleler Beibehaltung des bisherigen Beschäftigungs-verhältnisses – zwei sozialversicherungspflichtige Dienstverhältnisse anzunehmen sind.

 

Sachverhalt

Dem oben angeführten Erkenntnis lag ein Sachverhalt zugrunde, im Rahmen dessen ein Dienstnehmer als Amtsleiter einer Stadt fungierte. Die Stadt verfügte über einen städtischen Bäderbetrieb, welcher ebenfalls dem Verantwortungsbereich des angesprochenen Dienstnehmers zurechenbar war. Im Zuge einer Umstrukturierung wurde dieser Bäderbetrieb in eine im Eigentum der Stadt stehende GmbH ausgegliedert. Um die reibungslose Fortführung des Bäderbetriebs zu gewährleisten, wurde der in einem Anstellungsverhältnis zur Stadt stehende Dienstnehmer mittels Personalüberlassungsvereinbarung an die GmbH zu deren Dienstverfügung als Geschäftsführer überlassen. Ein Dienstverhältnis zwischen dem Dienstnehmer und der GmbH wurde nicht begründet. Das zeitliche Ausmaß der Überlassung betrug zunächst 25 % und wurde ab Jänner 2007 auf ein Ausmaß von 70 % angehoben. Das bisher zur Stadt bestehende Dienstverhältnis als Amtsleiter wurde in der Folge in einem reduzierten Ausmaß entsprechend fortgeführt. Für die Erbringung der Geschäftsführungs­funktion wurde dem Dienstnehmer ein zusätzlicher Bezug gewährt, welcher jedoch von der Stadt (als überlassendes Unternehmen) zur Auszahlung gebracht wurde, wobei dieser im Rahmen der monatlichen Gestellungsvergütung an die GmbH belastet wurde.

Die Gebietskrankenkasse (GKK) stellte im Rahmen einer Prüfung fest, dass der Geschäftsführer der GmbH der Pflichtversicherung nach § 34 Abs. 1 Z 1 und Abs 2 ASVG unterliegt.

Die GKK führte dazu im Wesentlichen aus, ein Beschäftigungsverhältnis iSd § 35 Abs 1 ASVG werde durch den Einstellungsakt begründet. Vorliegend sei der Einstellungsakt in der Bestellung des Dienstnehmers zum Geschäftsführer samt Eintragung in das Firmenbuch zu erblicken. Nach der Rechtsprechung sei zwar bei Leiharbeitsverhältnissen der Verleiher als sozialversicherungspflichtiger Dienstgeber anzusehen, wenn die grundlegenden Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zwischen dem Verleiher und dem Dienstnehmer aufrechtblieben und der Entleiher bloß ihm delegierte fremde Rechte ausüben dürfe. Habe jedoch – wie hier – bei der Überlassung eines Geschäftsführers die Beschäftigergesellschaft ein unmittelbares Recht auf die Arbeitsleistung aufgrund eigener Rechtsbeziehungen zum Geschäftsführer durch den Bestellungsakt erworben, so sei ein Beschäftigungsverhältnis zur Gesellschaft anzunehmen und diese als sozialversicherungspflichtige Dienstgeber zu erachten, was der VwGH bestätigte.

Dieses VwGH-Erkenntnis führt für Unternehmen, welche derartige Sachverhalte realisieren, zu einer erheblichen Mehrbelastung, da die Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung in derartigen Fällen mitunter doppelt bis zur Höchstbeitragsgrundlage entrichtet werden müssen.

Anmerkungen:

Wird ein Dienstnehmer bspw. an ein Tochterunternehmen „gestellt“ und nimmt er dort die Stellung als unternehmensrechtlicher Geschäftsführer ein, so ist im Regelfall wohl von einer Dienstgeberstellung des „Entleihers“ auszugehen. Interessant wäre noch gewesen, wenn im Verwaltungsverfahren vorgebracht worden wäre, dass der Geschäftsführer in Ausübung seiner Tätigkeit schuldrechtlich weisungsfrei gestellt worden wäre. In der Praxis könnte diesem Punkt eine entscheidende Bedeutung zukommen. Wird eine schuldrechtliche Weisungsfreistellung vereinbart, kann die GKK nicht mit der „stillen Autorität“ argumentieren, da diese immer eine schuldrechtliche Weisungsbindung voraussetzt.

Auch in Bezug auf Auslandssachverhalte ist das vorliegende Erkenntnis in Bezug auf die praktische Abwicklung mitunter als problematisch einzustufen, da sich in diesen Fällen das ausländische Unternehmen für sozialversicherungsrechtliche Zwecke in Österreich registrieren lassen müsste, um die Sozialversicherungsbeitrage überhaupt abführen zu können.

office@prosenz.at

oder

+43 1 368 02 48