Der VwGH hat jüngst zur umsatzsteuerlichen Übergangsregelung betreffend die
Optionsmöglichkeit bei Geschäftsraumver¬mietung im Fall einer – mit Einzel¬rechtsnachfolge
verbundenen – entgeltlichen Übertragung eines Gebäudes entschieden und erteilte der Weiter-
geltung der Altregelung der Option zur Umsatzsteuerpflicht bei einem Asset Deal eine Absage.
Damit hat der VwGH eine seit nunmehr fast zehn Jahren bestehende Zweifelsfrage zu einer finalen
Antwort geführt.
1. Sachverhalt
Eine Liegenschaft wurde im Jahr 2014 verkauft. Mieter der Liegenschaft waren in einem geringen Umfang auch Unternehmer, an die eine umsatz¬steuerpflichtige Vermietung nach dem 1. StabG 2012 nicht mehr möglich gewesen wäre. Der neue Gebäudeeigentümer behandelte diese Mietumsätze aber unverändert umsatz¬steuerpflichtig. Die Finanz¬verwaltung stellte sich auf den Standpunkt, dass eine umsatz¬steuerpflichtige Vermietung an die „schädlichen“ Mieter nicht (mehr) möglich sei und eine entsprechende Berichtigung/Versagung der Vorsteuern zu erfolgen habe. Die beiden relevanten Mietverträge wurden bereits vor dem 1.9.2012 abgeschlossen, und auch die tatsächliche Innutzungnahme durch die Mieter erfolgte vor dem 1.9.2012.
Vor kurzem erkannte der VwGH (in einer anderen Frage), dass bei Verschmelzungen (und somit wohl auch bei allen weiteren Übertragungen eines Grundstücks aufgrund einer Gesamt-rechtsnachfolge) davon auszugehen sei, dass es zu keinem Neubeginn eines Miet- und Pacht-verhältnisses kommt. Aufgrund dieses Judikats erfolgte auch eine dahingehende Anpassung der UStR.
2. Entscheidung des VwGH
Gemäß VwGH ist entsprechend der Norm des § 28 Abs 38 Z 1 UStG der Beginn des Miet- oder Pacht¬verhältnisses entscheidend, wobei es laut VwGH aber nicht auf den zivil¬rechtlichen Vertragsabschluss ankomme, auch wenn bei Veräußerung eines vermieteten Grundstücks der Käufer gemäß § 1120 ABGB „zwingend“ in den Bestand¬vertrag eintritt. Dies zeige sich laut VwGH auch deutlich im Vergleich mit der Inkrafttretensbestimmung des § 28 Abs 38 Z 2 UStG – zur Verlängerung des Vorsteuerberichtigungs¬zeitraumes bei Grundstücken auf 20 Jahre –, bei der iZm vermieteten Grundstücken ausdrücklich auf den Vertragsabschluss über die Vermietung (Nutzungsüb¬erlassung) abgestellt wird. Der dem Vorerkenntis des VwGH vom 3.4.2019, Ro 2018/15/0012, zugrunde liegende Sachverhalt der zivil-rechtlichen Gesamt¬rechtsfolge stelle dabei somit nur eine Ausnahme dar.
Zentrales Element der Begründung des VwGH ist in weiterer Folge der Verweis auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum 1. StabG 2012, wonach die Übergangsbestimmung der Vermeidung von Härten und missbräuchlichen Gestaltungen diene, denn „damit wollte der Gesetzgeber offenkundig verhindern, dass die neue Rechtslage für zum normierten Stichtag bestehende Miet- und Pacht¬verhältnisse ohne weiteres Zutun der betroffenen Parteien zur Anwendung gelangt. Nur in derartigen Fällen könnte überhaupt eine ,Härte‘ darin erblickt werden, dass bei unverändertem Bestand – und unveränderten Parteien – des Miet- und Pacht-verhältnisses mit Inkrafttreten der geänderten Rechtslage die Ausübung der Option gemäß § 6 Abs 2 UStG nicht mehr möglich wäre […].“
Es kann dem Gesetzgeber angesichts des mit der Neuregelung des § 6 Abs 2 letzter Satz UStG verfolgten klaren Ziels der Vermeidung unerwünschter steuerlicher Gestaltungen gemäß VwGH nicht zugesonnen werden, die Anwendbarkeit der neuen Rechtslage auch dann ausschließen zu wollen, wenn nach dem Inkrafttretens¬stichtag – und somit im Wissen um die geänderte Rechtslage – Dispositionen getroffen werden, die sich auf das Miet- oder Pacht-verhältnis auswirken. In diesem Zusammenhang verweist der VwGH auch auf eine Entscheidung des OGH, in der bei Anwendbarkeit des geänderten § 6 Abs 2 UStG ein auf § 30 UStG gestützter Ersatz¬anspruch eines Käufers mangels Schutzwürdigkeit verneint wird.
Es sei vor dem Hintergrund des Sinns und Zwecks der geänderten Bestimmungen laut VwGH somit nicht erkennbar, „dass der Gesetzgeber in einem solchen Fall – Verkauf eines vermieteten Grundstücks nach Inkrafttreten der neuen Rechtslage – die Anwendbarkeit der bis zum 1. StabG 2012 geltenden Rechtslage weiterhin vorsehen wollte. Ein derartiges Verständnis der Inkrafttretensbestimmung des § 28 Abs 38 Z 1 UStG (des Tatbestandsmerkmals des Beginns des Miet- oder Pacht¬verhältnisses), das auf eine formale Anknüpfung an das Zivil¬recht hinausliefe und damit eine weitgehende Gestaltbarkeit zur Folge hätte, würde gemäß VwGH eine zeitlich nicht absehbare Perpetuierung gerade jener Zustände bewirken, die der Gesetzgeber beseitigen wollte (,unerwünschte Gestaltungen‘).“
Vor diesem Hintergrund war laut VwGH somit festzuhalten, dass durch die Änderung in der Person des Vermieters – durch den Verkauf des vermieteten Grundstücks – das Mietverhältnis zwischen dem Altmieter und dem neuen Vermieter iSd § 28 Abs 38 Z 1 UStG nach dem 31. 8. 2012 begonnen hat, womit § 6 Abs 2 UStG idF vor dem 1. StabG 2012 auf Vermietungsumsätze des Mitbeteiligten nicht mehr zur Anwendung kommt.
Zusammenfassung
Aufgrund des Erkenntnisses des VwGH ist nunmehr geklärt, dass die Übergangsbestimmung des § 28 Abs 38 Z 1 UStG betreffend den Beginn eines Miet- oder Pacht¬verhältnisses bei Kauf einer Liegenschaft nicht zur Anwendung gelangt. Erfolgt somit ein mit Einzel-rechtsnachfolge verbundener Erwerb einer Liegenschaft nach dem 31. 8. 2012, kommt die Neuregelung des § 6 Abs 2 UStG idF 1. StabG 2012 zur Anwendung. Der Käufer kann somit nur noch bei Mietern, die das Grundstück nahezu ausschließlich für Umsätze verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen, zur Umsatz¬steuerpflicht optieren.
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