Möglichkeit zur Befreiung von der Auftraggeberhaftung auch während der Insolvenz des Auftragnehmers

Haftungsfreistellungsbeträge für Werkleistungen, die bis zum Tag der Insolvenzeröffnung erbracht
wurden, vermindern die Insolvenzforderung. Hingegen sind AGH-Zahlungen, welche ab dem der
Insolvenzeröffnung folgenden Tag erbracht wurden, auf die als Masseforderung unberichtigt
aushaftenden Beiträge anzurechnen. (LexisNexis® Newsmonitor: www.newsmonitor.at)

§ 67a ASVG normiert die Haftung des auftraggebenden Unternehmens bei Weitergabe von Bauleistungen an das beauftragte Unternehmen für alle Beiträge und Umlagen, die das beauftragte Unternehmen an österr Krankenversicherungsträger abzuführen hat oder für die es nach dieser Bestimmung haftet, bis zum Höchstausmaß von 20 % des geleisteten Werklohnes. Eine Haftungsbefreiung kann nur dann erlangt werden, wenn ein Unternehmen beauftragt wird, welches im Zeitpunkt der Werklohnzahlung in der Gesamtliste der haftungsfreistellenden Unternehmen (HFU-Liste) aufscheint, oder wenn das auftraggebende Unternehmen 20 % des zu leistenden Werklohnes gleichzeitig mit der Leistung des Werklohnes an das Dienstleistungszentrum (DLZ) überweist (§ 67a Abs 3 ASVG).
Mit Schaffung der AGH konstruierte der Gesetzgeber eine verschuldensunabhängige Haftung, die vom konkreten Werkvertrag losgelöst und demzufolge nicht auf Beiträge beschränkt ist, die im Zusammenhang mit dem konkreten Bauauftrag stehen. Es war daher notwendig, das Haftungsrisiko des AufG betragsmäßig zu limitieren und Haftungsbefreiungsgründe zu normieren. Befindet sich der Subunternehmer im Zeitpunkt der Werklohnzahlung nicht in der HFU-Liste, kann der AufG eine Inanspruchnahme durch die GKK nur durch Überweisung des Haftungsfreistellungsbetrages ausschließen. Im Fokus steht die Frage, ob eine eingetretene Insolvenz beim Auftragnehmer (AufN) Auswirkungen auf die Möglichkeit zur Haftungsbefreiung hat.
Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen kann die Haftung nur dann schlagend werden, wenn der AufG die Möglichkeit des Abzugs nicht genutzt hat. § 67a ASVG sieht diesbezüglich keine Einschränkungen im Hinblick auf eine eingetretene Insolvenz des AufN vor: Es macht keinen Unterschied, ob der AufN, zugunsten dessen der Abzug durchgeführt wird, im Zeitpunkt der Werklohnzahlung insolvent ist oder nicht. Genauso wenig ist es von Bedeutung, ob der AufN selbst oder (nach Insolvenzeröffnung) der Insolvenzverwalter die Bezahlung des Werklohnes einfordert: Wurde eine Bauleistung iSd § 19 Abs 1a UStG vom (nicht in der HFU-Liste geführten) AufN erbracht und wird diese im Anschluss fakturiert, besteht die einzige Möglichkeit für den AufG, sich von einer Haftung zu befreien darin, 20 % des Werklohnes einzubehalten und an das DLZ abzuführen. Die Haftungsbestimmungen der §§ 67a ff ASVG bzw die Möglichkeit zur Haftungsbefreiung gelten unabhängig von einer Insolvenz des AufN.
Will ein AufG das Risiko, von einer GKK in Haftung gezogen zu werden, vermeiden, lässt sich dies nur bewerkstelligen, wenn er entweder ein Unternehmen beauftragt, welches (auch noch im Zeitpunkt der Zahlung) in der HFU-Liste geführt wird, oder wenn er gleichzeitig mit der Leistung des Werklohnes 20 % der Rechnungssumme an das DLZ überweist. Es macht keinen Unterschied, ob der Werklohn an den AufN selbst oder dessen Insolvenzverwalter ausbezahlt wird. Die Haftung wird schlagend, wenn nicht eine der beiden – in § 67a Abs 3 ASVG normierten – Befreiungsmöglichkeiten ergriffen wird.
Da es im Hinblick auf die Verbuchung der Haftungsfreistellungsbeträge nicht auf deren Einlangen am Beitragskonto ankommt, sondern darauf, wann die den AGH-Zahlungen zugrunde liegenden Arbeiten ausgeführt wurden, schadet die Auszahlung des gesamten Rechnungsbetrages an den Insolvenzverwalter nur dann nicht, wenn die Werkleistung unzweifelhaft nach Insolvenzeröffnung erbracht wurde. In jenen Fällen, in denen die nach Insolvenzeröffnung auflaufenden Beiträge vom Insolvenzverwalter nicht bezahlt werden können (Massearmut), kann die Haftung für den AufG auch hier schlagend werden. Es empfiehlt sich daher, die Möglichkeit der Haftungsbefreiung jedenfalls in Anspruch zu nehmen. Einer vom Insolvenzverwalter angekündigten Klage auf Bezahlung des gesamten Werklohnes kann entgegengehalten werden, dass ein AufG, der nur 80 % der Rechnungssumme begleicht, weil die restlichen 20 % an das DLZ überwiesen wurden, schuldbefreiend leistet (§ 67a Abs 4 ASVG). Eine solche Klage würde daher nicht zum Erfolg führen.

 

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