Fremdwährungsdarlehen: Konvertierungsverlust voll absetzbar und ausgleichsfähig

Gem. § 27 Abs 3 EStG idF des BBG 2011 werden auch Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen generell besteuert.
„Negative Wirtschaftsgüter“ wie Verbindlichkeiten fallen aber nicht in den Anwendungsbereich des § 27 Abs 3 EStG und stellen beim Schuldner keine Einkünfte aus Kapitalvermögen dar. Der Konvertierungsverlust eines Fremdwährungsdarlehens ist daher nicht nur bloß zu Hälfte, sondern zur Gänze ausgleichsfähig. (LexisNexis® Newsmonitor: www.newsmonitor.at)

Rechtsnews 2018, 24901 vom 02.02.2018

Gem § 27 Abs 3 EStG idF des BBG 2011 werden auch Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen generell besteuert.

„Negative Wirtschaftsgüter“ wie Verbindlichkeiten fallen aber nicht in den Anwendungsbereich des § 27 Abs 3 EStG und stellen beim Schuldner keine Einkünfte aus Kapitalvermögen dar. Somit kommen diesfalls auch die Beschränkungen des § 6 Z 2 lit c EStG idF BGBl I 2012/112 nicht zur Anwendung und der Konvertierungsverlust eines Fremdwährungsdarlehens ist daher nicht nur bloß zur Hälfte (bzw nach aktueller Rechtslage: zu 55 %) ausgleichsfähig.

VwGH 18. 12. 2017, Ro 2016/15/0026

 

Sachverhalt

Die Revisionswerberin erlitt durch die Konvertierung eines betrieblich veranlassten Fremdwährungskredits im Jahre 2013 Verluste, die das BFG als nur zur Hälfte ausgleichsfähig ansah (§ 124b Z 192 iVm § 6 Z 2 lit c EStG 1988).

 

Entscheidung

Besteuerung der realisierten Wertsteigerung

Durch das BBG 2011, BGBl I 2010/111, wurde die Besteuerung von Kapitalvermögen neu geordnet. Die Erläuterungen zur RV führen zur Zielsetzung des § 27 EStG aus, dass erstens „- iS einer Vermögenszuwachsbesteuerung für Finanzvermögen – nicht nur Einkünfte aus der Überlassung von Kapital, sondern auch Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Wertpapieren sowie aus Derivaten unabhängig von Behaltedauer bzw Beteiligungsausmaß generell besteuert werden. (…) Zweitens soll künftig der Vermögenszuwachs sowohl im betrieblichen als auch im außerbetrieblichen Bereich grundsätzlich einheitlich erfasst werden“ (vgl 981 BlgNR 24. GP 115).

Hauptzielsetzung der Reform der Besteuerung von Kapitalvermögen war demnach, dass nicht nur wie bisher Einkünfte aus der Überlassung von Kapital, sondern auch realisierte Wertsteigerungen von Kapitalvermögen generell besteuert werden. Der Vermögenszuwachs aus Kapitalvermögen soll stets erfasst werden, unabhängig davon, ob er aus den Früchten oder der Substanz stammt.

Um dieses Ziel zu erreichen, knüpft § 27 Abs 3 EStG an § 27 Abs 2 EStG an. Es unterliegen nur realisierte Wertsteigerungen jener Wirtschaftsgüter der Steuerpflicht nach § 27 Abs 3 EStG, deren Erträge als Einkünfte aus der Überlassung von Kapitalvermögen iSd § 27 Abs 2 EStG zu qualifizieren sind. Dabei kommt es nicht auf konkret erzielte Kapitalerträge an. Es genügt vielmehr, wenn laufende Einkünfte aus der betreffenden Kapitalanlage von § 27 Abs 3 EStG erfasst würden (vgl Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG16, § 27 Tz 143). Da fehlende laufende Erträge regelmäßig zu einer Wertsteigerung des Vermögensstammes führen, wäre das Abstellen auf das Vorliegen konkret erzielter Kapitalerträge mit der Zielsetzung der Reform nicht vereinbar.

Keine Einkünfte aus Kapitalvermögen

Im Revisionsfall ist strittig, ob auch „negative Wirtschaftsgüter“ wie Verbindlichkeiten in den Anwendungsbereich des § 27 Abs 3 EStG fallen.

Der Schuldner erzielt aus dem „negativen Wirtschaftsgut“ keine Einkünfte aus der Überlassung von Kapitalvermögen.

Nach Ansicht des BFG ist der Verweis auf Einkünfte iSd § 27 Abs 2 EStG steuersubjektübergreifend zu sehen und hinsichtlich der aus dem gegenständlichen Wirtschaftsgut „Fremdwährungsverbindlichkeit“ fließenden Erträge auf deren Erfassung beim Gläubiger der Fremdwährungsverbindlichkeit abzustellen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass der Kreditgeber Einkünfte iSd § 27 Abs 2 EStG nicht aus der „Fremdwährungsverbindlichkeit“, sondern aus der mit dieser korrespondierenden „Fremdwährungsforderung“ erzielt.

Trotz des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Forderung und Verbindlichkeit unterscheiden sich diese beiden Wirtschaftsgüter insb in Hinblick auf die Besteuerung der aus ihnen erwachsenen – vom Schuldner zu zahlenden und vom Gläubiger zu empfangenden – Zinsen voneinander. Die vom Schuldner zu zahlenden Zinsen stellen aus Sicht des Gläubigers Erträge seiner Kapitalforderung dar, die als Einkünfte aus der Überlassung von Kapitalvermögen zu erfassen sind. Hingegen fallen die Zinsen beim Schuldner nicht als (negative) Erträge aus seiner Verbindlichkeit unter die Einkünfte aus Kapitalvermögen. Vielmehr stellen Schuldzinsen je nach Lage des Falles entweder Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Aufwendungen der privaten Lebensführung dar (vgl zB den auch nach der Neuordnung der Kapitalbesteuerung unverändert gebliebenen § 16 Abs 1 Z 1 EStG).

Gegen eine Steuerpflicht nach § 27 Abs 3 EStG bei demjenigen, dem Kapital überlassen wird, spricht weiters, dass es damit auch zu einer mit dem eingangs angeführten Sinn und Zweck der Neuordnung der Kapitalbesteuerung nicht vereinbaren Steuerpflicht von Schuldnachlässen gegenüber privaten Schuldnern käme (vgl Stangl/Widhalm, Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen, in Lechner/Mayr/Tumpel, Handbuch der Besteuerung von Kapitalvermögen (2013) 111 (114 f)).

Volle Ausgleichsfähigkeit

Nach dem Wortlaut und dem Telos des § 27 Abs 3 EStG sind nur „Finanzvermögen“ und nicht auch „Finanzschulden“ von dieser Bestimmung erfasst. Der Schuldner erzielt keine Einkünfte gem § 27 Abs 2 EStG aus der Verbindlichkeit. Aus diesen Erwägungen erscheint es weder gerechtfertigt noch vom Wortlaut des § 27 Abs 3 EStG gedeckt, hinsichtlich der Steuerpflicht einer Fremdwährungsverbindlichkeit auf die aus Sicht des Gläubigers vorliegende Fremdwährungsforderung abzustellen (vgl in diesem Sinne auch Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG16, § 27 Tz 149; Marschner, SWK 2016, 769 ff; Peyerl, SWK 2014, 881 ff, sowie Mechtler, ÖStZ 19/2015, 564 f).

Da es sich bei der revisionsgegenständlichen Fremdwährungsverbindlichkeit um kein Wirtschaftsgut handelt, dessen Erträge Einkünfte aus der Überlassung von Kapital iSd § 27 Abs 2 EStG begründen und ihre Konvertierung daher nicht den Tatbestand des § 27 Abs 3 EStG erfüllt, unterliegt die Verrechnung des dadurch entstandenen Kursverlustes nicht den Beschränkungen des § 6 Z 2 lit c EStG in der gegenständlich anzuwendenden Fassung des AbgÄG 2012, BGBl I 2012/112.

 
 

Dieser Beitrag wurde erstellt von der LexisNexis Rechtsnews-Redaktion. Über die App LexisNexis® Newsmonitor erhalten Sie Ihre Rechtsnews auch auf Smartphone oder Tablet: www.newsmonitor.at/web/user

 

Bearbeiter: Birgit Bleyer

office@prosenz.at

oder

+43 1 368 02 48