Mit dem Betrugsbekämpfungsgesetz (BBKG) 2010 wurde in § 109b EStG bezüglich bestimmter Zahlungen in das Ausland eine grundsätzliche Verpflichtung zur gesonderten Mitteilung an die zuständige Abgabenbehörde normiert.
1. Grundlagen
Gemäß § 109b Abs 1 EStG haben „Unternehmer, die für Leistungen im Sinne des Abs. 2 Zahlungen ins Ausland tätigen“ (insb Überweisungen auf Auslandskonten),2 der Finanzverwaltung bestimmte gesetzlich näher beschriebene Informationen mitzuteilen. Ziel dieser Regelung ist es, die steuerliche Erfassung von Zahlungen – insb in abgabenrechtlich risikobehafteten Geschäftszweigen – sicherzustellen und damit steuerliche Handlungsspielräume einzuschränken.3
Zentrales Tatbestandsmerkmal der Meldeverpflichtung sind (einzelne oder mehrere) Zahlungen in das Ausland für „folgende Leistungen:
– Leistungen für Tätigkeiten im Sinne des § 22 [EStG], (freiberufliche und wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeiten) wenn die Tätigkeit im Inland ausgeübt wird;
– Vermittlungsleistungen, die von unbeschränkt Steuerpflichtigen erbracht werden oder die sich auf das Inland beziehen;
– kaufmännische oder technische Beratung im Inland“.
Sollte eine Mitteilungsverpflichtung gemäß § 109b Abs 2 EStG bestehen und keine Ausnahme (siehe dazu unten Punkt 2.) greifen, hat die Mitteilung gemäß § 109b EStG im Wege der automationsunterstützten Datenübertragung bis Ende Februar des auf die Zahlung folgenden Kalenderjahres zu erfolgen.6 Gemäß § 109b Abs 7 EStG ist die Mitteilung an jenes Finanzamt zu übermitteln, das für die Erhebung der Umsatzsteuer des zur Mitteilung Verpflichteten zuständig ist oder dies im Falle einer Umsatzsteuerpflicht wäre. Inhaltlich legt § 109b Abs 3 EStG fest, welche Informationen dem Finanzamt mitzuteilen sind. Gemäß § 109b Abs 8 EStG ist der Leistungserbringer verpflichtet, dem zur Übermittlung Verpflichteten alle Auskünfte zu erteilen, die dieser zur Erfüllung der Mitteilungspflicht benötigt.
2. Die einzelnen Ausnahmetatbestände
2.1. Überblick
Gemäß den nachfolgend näher zu untersuchenden Ausnahmetatbeständen des § 109b Abs 4 EStG hat eine Mitteilung hinsichtlich Zahlungen für Leistungen im Sinne des § 109b Abs 2 EStG zu unterbleiben, „wenn
– sämtliche in einem Kalenderjahr zugunsten desselben Leistungserbringers geleisteten Zahlungen ins Ausland den Betrag von 100 000 Euro nicht übersteigen,
– ein Steuerabzug gemäß § 99 zu erfolgen hat. (Sollte ein Steuerabzug nicht notwendig sein, weil die DBA greift, besteht nach Auffassung der Finanzverwaltung dennoch die Mitteilungspflicht.)
– bei Zahlungen an eine ausländische Körperschaft, die im Ausland einem Steuersatz unterliegt, der nicht um mehr als 10 Prozentpunkte niedriger ist als die österreichische Körperschaftsteuer gemäß § 22 Abs. 1 KStG“.→˂15%
3. Zusammenfassung
Die Bestimmung des § 109b Abs 4 EStG sieht drei Ausnahmen von der in Abs 1 leg cit grundsätzlich verankerten Meldeverpflichtung hinsichtlich bestimmter Auslandszahlungen vor. Demnach hat eine Mitteilung an die zuständige Abgabenbehörde dann zu unterbleiben, wenn sämtliche in einem Kalenderjahr zugunsten desselben Leistungserbringers geleisteten Zahlungen in das Ausland die Wertgrenze von 100.000 EUR nicht übersteigen, wenn ein Steuerabzug gemäß § 99 EStG zu erfolgen hat oder wenn bei Zahlungen an eine ausländische Körperschaft diese im Ausland keiner Niedrigbesteuerung von weniger als 15 % unterliegen.
1 BGBl I 2010/105.
2 Vgl ErlRV 875 BlgNR 24. GP 6.
3 Vgl Ludwig, Die neue Mitteilung bei Auslandszahlungen, SWK 2011, 966 (966); Marschner in Jakom, EStG10 (2017) § 109b Rz 1; ErlRV 875 BlgNR 24. GP 6; Fellner in Hofstätter/Reichel, EStG48 (2011) § 109b Rz 1.
4 Vgl EStR 2000 Rz 8320; BMF 28. 3. 2012, 010203/0134-VI/6/2012; Marschner in Jakom, EStG10 § 109b Rz 2.
5 Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, den Inhalt und das Verfahren der elektronischen Übermittlung mit Verordnung festzulegen. In der Verordnung kann vorgesehen werden, dass sich die auszahlende Stelle einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle zu bedienen hat.
6 Ist der auszahlenden Stelle die elektronische Übermittlung mangels technischer Voraussetzungen unzumutbar, hat die Übermittlung auf dem amtlichen Vordruck bis Ende Jänner des auf die Zahlung folgenden Kalenderjahres zu erfolgen.
7 Vgl Marschner in Jakom, EStG10 § 109b Rz 3.
8 Vgl ErlRV 875 BlgNR 24. GP 6.
9 Die umsatzsteuerliche Prägung der Bestimmung kommt etwa im Abstellen auf in- und ausländische Unternehmer bzw Leistungen sowie ferner darin zum Ausdruck, dass die Mitteilung gemäß § 109b Abs 7 EStG an jenes Finanzamt zu richten ist, das für die Erhebung der Umsatzsteuer des Mitteilungsverpflichteten zuständig ist (oder im Falle einer Umsatzsteuerpflicht zuständig wäre). Vgl auch Peth in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 109b Anm 29, der die umsatzsteuerliche Organschaft für die Ermittlung des Leistungsempfängers als relevant erachtet.
10 Vgl Bräumann, Die Grundsätze der wirtschaftlichen Tätigkeit der MwStSyst-RL, in Achatz/Tumpel, Der Unternehmerbegriff des UStG (2017), 32 (36).
11 Vgl Windsteig in Melhardt/Tumpel, UStG2 (2015) § 2 Rz 2.
12 So auch Marschner in Jakom, EStG10 § 109b Rz 9.
13 So im Ergebnis auch Marschner in Jakom, EStG10 § 109b Rz 9.
14 Vgl auch Peth in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 109b Anm 29.
15 Vgl zu Kapitalgesellschaften zB OGH RIS-Justiz RS0049496; Stefaner in Kofler, UmgrStG6 (2017) § 7 Rz 2; Zollner in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG2 (2012) § 241 Rz 1; Szep in Jabornegg/Strasser, AktG5 (2010) § 241 AktG Rz 6; vgl zu Personengesellschaften die stRsp des OGH RIS-Justiz RS0061358; siehe auch Torggler in Straube/Ratka/Rauter, UGB4 (2012) § 105 Rz 104; vgl auch zur GrESt Mechtler/Pinetz in Pinetz/Schragl/Siller/Stefaner, GrEStG (2017) § 1 Rz 970.
16 Vgl UmgrStR Rz 319: Mangels Rückwirkungsfiktion für den Bereich der Umsatzsteuer besteht die Unternehmereigenschaft der übertragenden Körperschaft nach dem Gesetz bis zur Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch (= Löschung der übertragenden Körperschaft).
17 Vgl Peth in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 109b Anm 29; offenlassend Marschner in Jakom, EStG10 § 109b Rz 9.
18 Vgl ErlRV 875 BlgNR 24. GP 6.
19 In diese Richtung wohl auch Bruckner, Betrugsbekämpfungsgesetz 2010 als Regierungsvorlage beschlossen, ÖStZ 2010, 425 (425).
20 Vgl Marschner in Jakom, EStG10 § 109b Rz 10.
21 Vgl Marschner in Jakom, EStG10 § 109b Rz 10.
22 Vgl Puchinger, Ministerialentwurf zum Betrugsbekämpfungsgesetz 2010, FJ 2010, 267 (268).
23 Vgl EStR 2000 Rz 8324.
24 Vgl ErlRV 875 BlgNR 24. GP 6.
25 Vgl ErlRV 875 BlgNR 24. GP 6.
26 Vgl Marschner in Jakom, EStG10 § 109b Rz 11.
27 Vgl KStR 2013 Rz 1241 zu § 10 Abs 5 Z 2 KStG.
28 In diese Richtung auch Ludwig, SWK 2011, 966 (967).
ÖStZ 2018/325
ÖStZ 2018, 215
Heft 8 v. 22.05.2018
Steuerrecht aktuell
StB Assoz. Univ.-Prof. Dr. Sebastian Bergmann, LL.M. MBA/StB Dr. Erik Pinetz, LL.M. MSc
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